"Zu diesem Allen kommt, daß zu Papier gebrachte Gedanken überhaupt nichts weiter sind, als die Spur eines Fußgängers im Sande: man sieht wohl den Weg, welchen er genommen hat; aber um zu wissen, was er auf dem Wege gesehn, muß man seine eigenen Augen gebrauchen." – Arthur Schopenhauer
dann liegt es an einem schlampig programmierten Plugin für WordPress, das einige meiner Webseiten störte / fast zerstörte, und das deshalb deaktiviert werden mußte.
Es handelt sich um das Plugin „NextGen„, eine Gestaltung für Bilder-Galerien. Noch dazu eine der meisteingesetzten WordPress-Erweiterungen.
Das Plugin habe ich löschen müssen, die vom Plugin gestalteten Galerien produzieren jetzt natürlich Fehler… das werde ich aber erst in den ruhigeren Tagen zwischen den Jahren bereinigen können.
Erst einmal bin ich froh, daß der Fehler gefunden wurde und das Problem behoben.
Dieses Jahr ist anscheinend mein Jahr der Ostpreußen-Erinnerungs-Vergegenwärtigungs-Literatur. Meine Aufmerksamkeit fiel so auch auf „Mark und Bein“ von Walter Kempowski.
Vom Autor beiläufig „eine Episode“ genannt, ist mir dieses Werk ein Ärgernis. Kempowski, dessen Spiel mit Sprache, dessen Detailversessenheit ich schätze (schätzte), gibt hier nur hohles, anbiederndes Geschwätz von sich.
Die Figuren sind Pappkameraden, Hohlformen, Karikaturen, die Handlung ist äußerst banal und oberflächlich.
Er plappert Vorurteile gegen die Polen daher, will er diese „vorführen“ oder bestätigen? Die PR-Dame frustriert mit Kettchen und Libidoproblemen, der Protagonist ein Jammerlappen, die Polen hilflos, kindlich, lächerlich oder aufdringlich, Autodiebe oder korrupte Polizisten .. was soll das?
Durch Mark und Bein geht dieses Buch nun wirklich nicht.
Walter Kempowski: Mark und Bein
Eine Episode
Verlag: Albrecht Knaus Verlag
ISBN-10: 3813519791
ISBN-13: 978-3813519792
Esther Kinski erhielt ein Stipendium und lebte davon für eine Zeit im Grenzland, Rumänien, Ungarn … eine Gegend, in der auch schon Andrzej Stasiuk auf dem Weg nach Babadag unterwegs war.
Der Ertrag dieses Aufenthaltes ist ein Roman. So steht es auf dem Umschlag. Aber das ist Etikettenschwindel. Denn dieses Buch hat keine Handlung, kurze Texte reihen sich aneinander, weitschweifige Sprache mit manchmal eindrücklichen Formulierungen, die aber wenig beschreiben.
Diese Frau hat nur passiven, stummen Kontakt gefunden, ist in der Gegend herumgefahren, wohl um die Zeit totzuschlagen, aber das Gefühl bleibt, dass sie nichts erlebt hat, nichts empfunden hat, sonde sich nur selbst etwas vorgesagt hat.
Da lese ich wirklich lieber Andrzej Stasiuk. Ich kann mich da der lobenden Kritik wirklich nicht anschließen.
Auch wenn ich mich bei manchen Georg-Klein-Lesern in die Nesseln setzen mag, dieses Buch ist ganz schlecht.
Auf der einen Seite banale Personen und auf der anderen Seite eine grottenschlechte Idee: da würgt einer einen Homunculus aus und wird durch diesen zum Super-Arzt.
In einer Rezension las ich einen Vergleich dieses Autors mit Dietmar Dath, der vielleicht gar nicht so falsch war, denn dessen Buch „Sie schläft“ hat mir auch nicht zugesagt.
Pseudo-Alltags-Sprache mit banalen Personen, und die Handlung muß dann durch diese schrägen Einfälle am Leben gehalten werden.
Das Titelbild zudem lockte mich auf eine ganz falsche Fährte: Ich hielt die dargestellte Person für eine schlechtgelaunte Prostituierte aus der Herbertstrasse in St. Pauli.
Beim Vorleser fesselte die präzise, hermetische Konstruktion der Geschichte, bei anderen Texten Schlinks wirkt es gezwungen:
Ob es der Witwer ist, der sich dem Liebhaber seiner verstorbenen Ehefrau als Geliebte schriftlich ausgibt, die Ost- und West-Berliner Freundschaft, die unter IM-Verdacht fast zerbricht und dann doch weitermacht, ich fühle mich beim Lesen vorgeführt.
Starkes Kalkül macht den Plot nicht besser.
Nun verstehe ich auch das Zögern meiner Buchhändlerin, als sie meinte, ich bräuchte nur den Vorleser lesen, die anderen Bücher…
Meinem Urteilsvermögen vertraue ich und ich gebe meine Meinung auch des öfteren ungebrochen und vehement kund, aber ab und an zweifel ich doch.
In solchen Fällen hilft mir die Kitschprobe: ich erzähle einer anderen Person das Buch in einem Fluß, geradeheraus und frei Schnauze … und gebe in einem letzten Satz dann meine Einschätzung ab.
Am Tonfall, am Redefluß merke ich dann selbst, ob mir das Buch gefallen hat, ob ich mich geärgert habe, ob es Kitsch ist, ob es verträglicher Kitsch oder zukleisternder Kitsch ist..
Bei dem Sommer in Venedig habe ich gezweifelt. Solche Bücher liegen mir am Herzen: Jungs zu Beginn des Weltkrieges erzählen ihre Kindheit, das Ende ihrer Kindheit. Mit dieser Thematik habe ich schon meine Staatsexamensarbeit bestritten…
Und dieser Junge träumt von Venedig, die Flüchtlinge, die am Obstgarten vorbeiziehen, wo er bei seiner Tante den letzten Kindheitssommer verbringt, träumen allerdings nicht mehr.
Und der sterbende Soldat, in dessen brechenden Augen sich die Abendsonne spiegelt, hat endgültig ausgeträumt.
Ich kann mich dem Urteil der Leser, so wie sie z.B. auf Amazon das Buch loben, nicht anschließen. Und ich finde es auch ausgesprochen degoutant, wenn neben dem vortrefflichen Inhalt die feine Ausstattung des Buches (Umschlag, Innenrückenseiten, Lesebändchen) gerühmt wird.
Nicht bei einem solchen Thema.
Wlodzimierz Odojewski: Ein Sommer in Venedig
Verlag: Schirmergraf; Auflage: 1 (2007)
ISBN-10: 3865550444
ISBN-13: 978-3865550446
Dort werde ich (vielleicht mit weiteren Co-Autoren) einfach schlechte Bücher, Bücher die ärgern oder Zeit fressen, vorstellen. Ist also ein Pendant zur Rubrik „Abzuraten“ hier im Lesebuch.
Mal sehen, was draus wird. Soll jedenfalls nicht zu ernst gemeint sein.