Und noch einmal Lyrikline.org

Lyrikline.org ist ein faszinierendes Unternehmen. Viele Schätze sind da zu heben.
Aber es hat auch etwas Erschreckendes für mich, plötzlich die Stimmen der Dichter zu vernehmen. Indiskret kommt mir das vor, fast ungehörig…

denn anders als bei einer Lesung liest hier der Dichter für mich, ich bestimme wann er liest.
Und was er liest. Ich dirigiere ihn. Und das steht mir eigentlich nicht zu.

So hab ich auch gezaudert, Adam Zagajewski aufzusuchen, aufzurufen widerstrebt mir..

weil das aber auch seinen Kitzel hat, konnte ich nicht widerstehen.. deshalb doch noch ein paar meiner Favoriten ..

Adam Zagajewski

Gennadi Ajgi

Juri Andruchowytsch – das kriminelle Sonett

Rose Ausländer – Pruth

Erika Burkhart

Gholamhossein Chahkandi Nezhad – übersetzt: Wie Sonnenschein

Ernst Jandl

Das war die erste Hälfte des, meines Lyrik-Alphabets…

Osteuropa

Nun war ich ja sehr oft in Russland und auch wenn dieses riesige Land sich bis in den Fernen Osten erstreckt, besitzt es doch einen sogenannten europäischen Teil. Die Grenze zwischen Europa und Asien verläuft entlang des Ural. Dies ist eine willkürliche Grenzziehung, entstanden aus historischen Gegebenheiten, und doch macht sie uns augenfällig, daß dort Osteuropa zu Ende geht.

Während meiner Reise in die Ukraine im vergangenen Winter erlebte ich in Lviv / Lemberg den Kontrast zwischen der zentraleuropäischen Vergangenheit, geprägt durch die österreichisch-ungarische Herrschaft, und der Gegenwart, die immer noch durch die Katastrophen des 2. Weltkrieges mit allen Folgen des Holocaust, der Bevölkerungsverschiebungen und Vertreibungen und die Katastrophe der Sowjet-Zeit geprägt ist.

Immer wieder jedoch scheint heute die Idee Zentraleuropas durch, der Dialog mit Polen, die Annäherung und die Furcht vor der Ausgrenzung aus Europa durch die Europäische Union. In Lviv erscheint eine hochinteressante Zeitschrift, Ï, die in ukrainischer, deutscher und deutscher Sprache herausgegeben wird. Die interessanten Themen dort machten wir deutlich, daß sich Europa in der Zeit seit 1989 grundlegender gewandelt hat, als wir es wahrnehmen (wollen).

Czarne Verlag
Czarne Verlag
Im zweiseitigen Denken der letzten 50 Jahre (hier Westeuropa und die Freiheit – dort Osteuropa und die Unfreiheit) wurde Zentraleuropa nicht wahrgenommen. Und meine geschichtliche und politische Sozialisation hat mein Weltbild und meine Vorstellungen geprägt, die nun langsam ins Wanken geraten, je mehr Zental- oder Mitteleuropa „zur Sprache kommt“. Ich bin fasziniert und neugierig, freue mich über die Diskurse in der deutsch-polnischen Zeitschrift TransOdra geführt werden und empfinde fast schmerzhaft daß hier die Themen sind, die unsere Gegenwart bestimmen.

Czarne Verlag
Czarne Verlag
Schmerzhaft empfinde ich, daß ich viele der Beiträge nicht verstehen kann, da ich kein Polnisch und Ukrainisch oder zu wenig Russisch verstehe, und deshalb beispielsweise die interessanten Veröffentlichungen aus dem Czarne Verlag von Andrej Stasiuk, der nicht nur ein wunderbarer Erzähler, sondern auch ein ambitionierter Verleger ist, nicht lesen kann.


Ich sehe einen Prozess der Integration in einer dis-integrierten Zeit und das beschäftigt mich. Dieses Thema wird mich nicht loslassen, es drängt sich mir auf und läßt sich nicht beiseite drängen. Ich hoffe, ich finde die Zeit, mich ihm intensiver zu widmen.

Ein Beispiel für meine persönliche Herangehensweise:


[link2post id=“898″]Moskau – Lemberg: eine poetische Topographie[/link2post]

Es reizte mich, Zitate aus zwei Gedichten von Dmitri Prigow und Adam Zagajewski einander gegenüberzustellen: