† Wislawa Szymborska

Sag ich das Wort Zukunft,
vergeht seine erste Silbe bereits im Zuvor.
Sag ich das Wort Stille,
vernichte ich sie.
Sag ich das Wort Nichts,
schaffe ich etwas, das in keinem Nichtsein Raum hat.

 

Sag ich das Wort Zukunft,

 

vergeht seine erste Silbe bereits im Zuvor.
Sag ich das Wort Stille,
vernichte ich sie.
Sag ich das Wort Nichts,
schaffe ich etwas, das in keinem Nichtsein Raum hat.

Sag ich das Wort Zukunft,

 

vergeht seine erste Silbe bereits im Zuvor.
Sag ich das Wort Stille,
vernichte ich sie.
Sag ich das Wort Nichts,
schaffe ich etwas, das in keinem Nichtsein Raum hat.

Sag ich das Wort Zukunft,

 

vergeht seine erste Silbe bereits im Zuvor.
Sag ich das Wort Stille,
vernichte ich sie.
Sag ich das Wort Nichts,
schaffe ich etwas, das in keinem Nichtsein Raum hat.

Nun ist Wislawa Szymborska nicht mehr. Wieder ist die Welt ärmer.

Wislawa Szymborska: Die drei seltsamsten Wörter

Sag ich das Wort Zukunft,


vergeht seine erste Silbe bereits im Zuvor.
Sag ich das Wort Stille,
vernichte ich sie.
Sag ich das Wort Nichts,
schaffe ich etwas, das in keinem Nichtsein Raum hat.


Wislawa Szymborska
Wislawa Szymborska


Wislawa Szymborska: Die Gedichte
Herausgegeben und übertragen von Karl Dedecius

Suhrkamp 1997, ISBN 3-518-40881-X


Wislawa Szymborska ist eine Meisterin der poetischen Pointe. Die meisten ihrer Gedichte folgen einem präzisen rhetorischen Aufbau und gipfeln in einem Schlusssatz, der die angesprochene Problematik im doppelten Sinn des Wortes verdichtet. Besonders spannend lesen sich jene Texte, in denen die Dichterin ihre eigene Kunst thematisiert. In diesen Fällen setzt Szymborska die Lyrik gewissermassen ins Quadrat: Schreiben und Geschriebenes werden zu zwei Faktoren, deren ambitiöses Produkt den engen Raum der fortlaufenden Sprachzeile sprengt. Die Prämie, die nach bestandenem Zweikampf mit dem weissen Blatt Papier winkt, ist in der Tat ansehnlich: „So gibt es also eine Welt, / deren unabhängiges Schicksal ich bestimme? / Eine Zeit, die ich mit Ketten von Zeichen binde? / Ein Sein beständig durch meine Verfügung?“ Und nun folgt in äusserster Verknappung eine Sentenz, die das zentrale Credo von Szymborskas Poetik benennt: „Freude am Schreiben. / Möglichkeit des Erhaltens. / Rache der sterblichen Hand.“

Ulrich M. Schmid in der NZZ