Flandziu – Koeppen – Alexandria

Es fügt sich. Vieles. Glücklich.

Ende Juni hörte ich im Büchermarkt des Deutschlandfunks einen Bericht über die Literaturzeitschrift Flandziu, benannt nach einem Kunstwort Koeppens, herausgegeben von dem Literaturwissenschaftler Jürgen Klein. Der Bericht fesselte mich, ich ging auf die Suche im Netz, fand einen Bericht im Webmoritz, dem Greifswalder Studentenmagazin, und kam dann auf die Seite des Verlages Shoeboxhouse.

Flandziu . Halbjahresblätter für Literatur der ModerneIn diesem Verlag erscheinen  Flandziu – Halbjahresblätter für Literatur der Moderne. Das Programm der Zeitschrift gefiel mir so sehr, daß ich ein Abonnement bestellte. Das erste, aktuelle Heft traf schnell ein; das Thema „Deutsche Literatur 1945 – 1960“ ist für mich immer aktuell, prägte diese Epoche doch meine Lese-Sozialisation, wenn ich das so gestellt ausdrücke, denn in ihr wuchs ich auf.

Eine große Freude dann aber: an meinem Geburtstag erreichte mich ein Willkommensbrief des Herausgebers der Halbjahresschrift, Jürgen Klein, mit einer Begrüßungsgabe: ein Heft aus dem Jahrgang 2009: Alexandria und die Literatur der Moderne.

Wie immer alles zusammenkommt! Lawrence Durrells Alexandria-Quartett gehört zu meinen zehn unabdingbaren Büchern, und nun ein ganzer Band über diese Stadt in der Literatur, im Passepartout dann ein Aufsatz Kleins: „Mediterrane Welt und der Orient: Metaphysik und Moderne in Lawrence Durrells Justine„.

Dieser Band wird mit einem Podcast auf der lesenswerten Seite Elektroschall gewürdigt, auch dorthin mal schauen lohnt sich!

Der Regen kann bleiben. Ich habe genug zu lesen. Danke!

PS: Die Links nocheinmal aufgelistet:

Im Deutschlandfunk

Webmoritz: Jeder müsste Koeppens Bücher lesen

Michael Augustins Podcast auf Elektroschall.

Wer zur Arbeit geht,

Wolfgang Koeppenhat den Tod überwunden. Tag für Tag, fünfzig Jahre lang. Er wehrt sich nicht mehr. Er haßt still vor sich hin. Wenn er Glück hatte, kam ein Krieg.

So schrieb Wolfgang Koeppen.

Irgendwann hörten wir diesen Satz im Radio: „wer zur Arbeit geht, hat den Tod überwunden.“ Er wurde zu einem geflügelten Wort. Aber wir wußten nicht, daß er von Koeppen stammte.


Wolfgang Koeppen

Nun hab ich mir die Prosa aus dem Nachlaß „Auf dem Phantasieroß“ vorgenommen. Und lese mich durch. Es ist schwer. Vieles ist zu Recht nicht veröffentlicht.

Aber ein solcher Band hat ja vielleicht eine andere Aufgabe: nicht Lektüre allein, sondern Dokumentation eines Schreiber-Lebens….

Und dann komme ich zu Morgenrot / Beginn einer Erzählung. Und da steht dieser Satz.

Koeppen überrascht mich immer wieder.

Er ist immer da.

Siehe auch Glückliche Fügung in Greifswald


Wolfgang Koeppen: Auf dem Phantasieroß
Prosa aus dem Nachlaß
Herausgegeben von Alfred Estermann
Suhrkamp Verlag
Erschienen: 25.06.2000
779 Seiten, Leinen
ISBN 978-3-518-41153-7

Glückliche Fügung in Greifswald

Wolfgang Koeppen ist in Greifswald geboren.
Er gehört zu den Dichtern, die mein Leben begleiten.
Als Studentin nahm ich sein Werk an, las jedes erhältliche Buch von ihm, verehrte ihn und [link2post id=“156″]schickte ihm zum Geburtstag[/link2post] jedes Jahr nach München einen Geldschein, damit er fein essen ginge.

Bruno Schulz
Bruno Schulz

Bruno Schulz lebte in Drohobycz. Und starb dort. Wurde ermordet von der deutschen Besatzungsmacht.
Sein Werk wird immer wieder „am Leben gehalten“, von Menschen, die davon begeistert sind. Er ist der „polnische Kafka“ und er darf nicht vergessen werden.
Was schwierig ist. Ein polnischer Autor, dessen Heimatstadt heute zur Ukraine gehört. Die Ukraine nimmt ihn nicht so einfach an, in Polen wird sein Andenken gewahrt.

So empfinde ich die Ausstellung „Bruno Schulz – Mythisierung der Wirklichkeit“ im Koeppenhaus in Greifswald als glückliche Fügung.

Im Herbst dieses Jahres kamen wir immer wieder nach Vorpommern und nun haben wir uns 15 km südlich von Greifswald ein altes Haus gekauft.
Ich werde mich dort sehr heimisch fühlen.
Meine Dichter sind schon da.

Die Ausstellung geht am 3.01.09 zu Ende.

Die Ankündigung der Ausstellung im Greifswalder Veranstaltungskalender kulturmodul:

Koeppenhaus – Literaturzentrum
„Bruno Schulz – Mythisierung der Wirklichkeit“
Eine Ausstellung des Polnischen Instituts Düsseldorf und des Adam-Mickiewicz-Literaturmuseums Warschau

Im Rahmen der polnischen Kulturtage polenmARkT 08

Bruno Schulz gehört zu den wichtigsten polnischen Schriftstellern. 1892 wurde er als Sohn einer jüdischen Kaufmannsfamilie im galizischen Drohobycz geboren. Der doppelbegabte Künstler hat die Stadt nur zeitweise verlassen können. Gesundheitliche Probleme und die schlechte finanzielle Situation zwangen ihn, sein Studium abzubrechen und eine Stelle als Zeichenlehrer am Gymnasium seiner Heimatstadt anzunehmen. Er arbeitete dort, trotz steigender Anerkennung für sein literarisches Werk – 1933 debütierte er mit dem Erzählband Die Zimtläden – bis zu seinem Tode. 1941 richteten deutsche Truppen für die jüdische Bevölkerung ein Ghetto ein. Bruno Schulz erfuhr eine Zeit lang Protektion durch den Drohobyczer Gestapo-Chef Felix Landau, der ihn als „Hausmaler“ beschäftigte. Im November 1942 wurde er jedoch von einem mit Landau verfeindeten SS-Mann auf offener Straße erschossen.
Ein großer Teil von Schulz‘ künstlerischem Nachlass gilt als verschollen. Sein Gesamtwerk – sowohl das literarische als auch das graphische – wird gelegentlich mit dem von Kafka, Proust und Kubin verglichen und erschließt sich auf mehreren Ebenen: die Darstellung der galizischen Kleinstadt spielt darin eine genauso bedeutende Rolle wie die tiefenpsychologische Ebene der Vater-Sohn-Beziehung oder das stark masochistisch geprägte Frauenbild. Der Kreation der Traumwelten kommt hier eine gleiche Bedeutung zu wie der Erschließung der jüdischen Mystik.

Der Eintritt ist frei.
Öffnungszeiten: dienstags bis samstags, 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr
Vom 24. Dezember bis 1. Januar 2009 bleibt die Ausstellung geschlossen.

Wolfgang Koeppens Hundertster

Geburtstag ist heute.

Einer der großen Rätselhaften. Soviele wie ihn heute loben, haben ihn sicherlich gar nicht gelesen. Literaturen brachte ein Heft heraus, er als Schwerpunkt.

So bekam ich nun ein Psychogramm geliefert, das dem Bild, das ich von ihm hatte, das er der Welt vermittelte, widersprach.

Als junge Studentin verschlang ich seine (wenigen) Bücher. Schrieb sicherlich sehr kluge Arbeiten über sein Werk. Und weil ich irgendwo erfahren hatte, daß er zwar das gute Leben liebe, aber sehr karg lebe, schickte ich ihm jedes Jahr zu seinem Geburtstag 100 Mark. Mindestens 10 Jahre lang. Er möge davon gut essen gehen.
Nie hat er sich bedankt.

Das war mir gleich.

Ich und die Dichter.

Ein anderer literarischer Held meiner Studienzeit, Marek Hlasko, liegt ja auf dem Wiesbadener Südfriedhof. Immer wenn ich unser Familiengrab besuchen wollte, ging ich zu seinem, brachte ihm Blumen.