Theatreworks Singapur:
Die Nachfahren des Eunuchen Admiral


Das 15. Internationale Sommertheater Festival 1998 auf Kampnagel in Hamburg bot im August die Bühne für die europäische Erstaufführung von Die Nachfahren des Eunuchen Admiral der Compagnie Theatreworks aus Singapur.

Abbildung 1: Nachfahren des Eunuchen Admiral In eindrucksvollen Bildern wird der Zwiespalt einer Kultur aufgezeigt, die zwischen Gestern und Morgen steht:
Prototypen der heutigen Geschäftswelt eines Tigerstaates, Geschäftsleute, begeben sich unter die Ägide eines geheimnisvollen Priesters und versetzen sich Jahrhunderte zurück in die große Zeit der Ming-Dynastie. Abbildung 2: Nachfahren des Eunuchen AdmiralEin chinesischer Kolumbus, der Admiral und Eunuch Cheng Ho, wird zu ihrer Identifikations - Figur und wie in Trance erleben sie seine Reisen und Abenteuer nach.

Die Verstümmelung ihrer Persönlichkeit im Kampf um beruflichen Aufstieg setzen sie gleich mit der Kastration am Hofe des chinesischen Kaisers, einem der wenigen Mittel zur Gewinnung einflußreicher Positionen am Hofe. In der Welt anonymer, alles diktierender Zahlen wird die übermächtige Gestalt eines Welterforschers zur Verheißung, denn dieser, ein Eunuch, verläßt den Kaiserhof und damit die ihn fesselnden gesellschaftlichen Zwänge. Abbildung 3: Nachfahren des Eunuchen AdmiralAuf den Reisen in unbekannte Welten gewinnt er Kraft und Ansehen und gelangt zu sich selbst.

Das Stück des singapurianischen Bühnenschriftstellers Kuo Pao Kun wurde inszeniert von Ong Keng Sen, dem renommierten und ambitionierten Regisseur, dem es gelingt, asiatische Bildwelten und westliche Tanztheater-Formen zu verbinden.

Descendants of the Eunuch Admiral wurde bereits 1995 in Singapur und 1996 in Kairo ausgezeichnet und war nun 1998 zum ersten Male in Europa zu sehen.

Damit tritt das südostasiatische Theater in unser Gesichtsfeld und ermöglicht einen ersten Blick in das Schaffen dieser Theater-Region. Wir sehen eine Bild- und Bewegungssprache, die geprägt ist von asiatischen Traditionen, verschmolzen mit Stilmitteln, wie sie etwa Robert Wilson einsetzt. Wir erfahren etwas über die mentale Landschaft: über den täglichen Existenzkampf in einem globalisierten kapitalistischen Umfeld und über den Rückgriff auf asiatische, chinesische Mythen. Der Mythos des Admirals, der in der Kastration über seine Begrenzungen hinauswächst, bietet eine Lebens-Idee, wenn der Mensch den Boden unter dem Börsenparkett verliert.

Abbildung 2: Nachfahren des Eunuchen Admiral Aber ein Tanztheater-Stück besteht nicht nur aus Tanz, Bewegung und Geschichte, auch die Musik spielt eine wesentlich Rolle. Und leider zeigt auch diese Inszenierung einen typischen Mangel dieser Gattung auf: erstaunlicherweise haben Regisseure und Tänzer oft wenig Verständnis für Musik (oder haben zu wenig Mittel zur Verfügung) und so degeneriert diese zu einer gesampelten Begleitung, nicht gerade stilsicher werden Schnipsel der verschiedenen Musik-Kulturen nebeneinander gestellt, aneinander gereiht. Die stilistische Prägnanz des Stückes verliert hier sehr, die Lautstärke im Theatersaal verdeutlichte dieses Dilemma entschieden.

Mit dem internationalen Theater-Projekt Flying Circus propagiert Ong Keng Sen seine Idee auf weiter Basis:


Auf den Web-Seiten von Theatreworks finden Sie weitere Informationen zu den Projekten der Compagnie.

Die Abbildung 1 entstammt dem Pressematerial des Sommertheater-Festivals, die weiteren Abbildung sind der WebSite von Theatreworks entnommen.


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