200 Jahre Puschkin

Bitov liest Puschkin
Bitov liest Puschkin

Puschkin wird dieses Jahr groß gefeiert. Ehrungen, Lesungen …

wir gedenken dieser unsterblichen Poesie, und viele hören sie zum ersten Mal.

Die meisten dieser Gedenkveranstaltungen verlaufen nach klassischem Muster, es gibt aber auch neue Präsentationen. Lassen Sie mich das Bitov Quintet vorstellen: Andrej Bitov, der große Schriftstellern, liest unbekanntere Gedichte von Puschkin, begleitet von Vladimir Tarasov, Juri Parfionow, Alexander Alexandrov und Vladimir Volkow,
alles alte Freunde, Mitglieder vieler interessanter Ensembles ( z.B. des Moscow Composers‘ Orchestra), Freunde, die ich hier auf Avantart schon oft vorgestellt habe.

Andrej Bitov liest Puschkin

Andrei Makine: Die Liebe am Fluß Amur

Die Liebe am Fluß Amur
Die Liebe am Fluß Amur

Der Amur fließt im Fernen Osten, an der Grenze zu China, in dem Land, das die Kosaken dem russischen Reich hinzufügten, und Jean-Paul Belmondo ist ein französisches Film-Idol. Wie kommen der Amur und JPB zusammen?

In Rußland ist alles möglich: in den 70er Jahren wurden die Komödien und Kriminalfilme Belmondos überall im Lande gezeigt und der Haudegen wurde das Idol der heranwachsenden männlichen Jugend. In Moskau, Perm und eben auch am Amur. Aber am Amur ist das Leben immer anders als anderswo und der Gang ins Kino ist 30 km lang, 30 km, die auf Skiern zurückgelegt werden, wenn es sein muß. Diese Mühen lohnen sich, denn JPB brennt sich in die Welt der Jungen ein, immer wieder sehen sie den Film und, als der Film abgesetzt wird, fühlen sie sich von ihrem Helden im Stich gelassen. Er hat ihnen die Welt geöffnet und so machen sie sich dann auf den Weg, in die Großstadt, wo das Meer nach Freiheit riecht, trotzdem kehren zurück in ihr Dorf. Aber alles ist nun anders… und die Kindheit ist endgültig vorbei.

Yuri Sobolev hat mir bestätigt, daß es in den 70er Jahren einen wahren Belmondo-Boom in Rußland gegeben habe. Vielleicht wurde JPB im ewigen, absurden Kampf mit dem Verbrechen als Kämpfer gegen den Kapitalismus gesehen? Fest steht, daß die technischen Spielereien, die unwahrscheinlichen Plots und das Macho-Getue des Helden vielen jungen Männern die Sehnsucht nach der westlichen Freiheit eingepflanzt hat und ihnen ein verzerrtes Bild des Westens geliefert hat. Aber das ist eine andere Geschichte.

Hier, in diesem Buch, kommt es auf die poetische Schilderung der Jugend dieser Jungen an, ihrer Idole, ihrer ersten Lieben und ihrer Hoffnungen.

Andrei Makine: Die Liebe am Fluß Amur
Gebundene Ausgabe – 287 Seiten (1998)
Hoffmann und Campe, Hamburg
ISBN: 3455051375

Ljudmila Ulitzkaja: Medea und ihre Kinder

Medea und ihre Kinder
Medea und ihre Kinder

Ljudmila Ulitzkaja lebt in Moskau. Seit einigen Jahren werden ihre Bücher auch in Deutschland verlegt. Dieses Werk Medea und ihre Kinder hat mich sehr beeindruckt.

Jeden Sommer versammelt sich eine bunte Gesellschaft bei Medea, dem Familienoberhaupt, auf der Krim, um die Sommerferien dort zu verbringen. Die Lebensgeschichten dieser Menschen spiegeln die Geschichte des 20. Jahrhunderts unmittelbar wider, so unmittelbar, wie wir, die wir Zeitgeschichte als Fernsehreportage erleben, dies gar nicht kennen.

Im Kontakt mit den Menschen in Rußland bekommen wir diese Möglichkeit, dort ist Zeitgeschichte hautnah erlebbar, und in diesem Buch erleben wir sie auch. Ganz unaufdringlich aber, wir werden vertraut mit einzelnen Menschen, ihren Wünschen, Empfindungen, erfahren, wie Medea in den Liebesverwirrungen der Nachkommen ihre eigenen Liebesschmerzen wieder spürt und wie weise sie damit umgeht. Die Zeitgeschichte prägte diese Menschen, aber jeder ist ein Individuum mit eigenen Wünschen und Sehnsüchten.

Mit jedem ihrer Bücher (Sonetschka, Ein fröhliches Begräbnis und den anderen) bringt uns Ljudmila Ulitzkaja den russischen Menschen näher, leben diese nun in Sibirien oder in New York…

Ljudmila Ulitzkaja ist eine Bekannte meiner Freunde an der Theater-Akademie Interstudie und irgendwie war sie auch am Zueinanderfinden von Gala Metelitschenko und Yuri Sobolev, meiner Freunde in Puschkin bei St. Petersburg, beteiligt.

Ludmila Ulitzkaja: Medea und Ihre Kinder: Roman
Gebundene Ausgabe – 379 Seiten
Volk und Welt
Erscheinungsdatum: Februar 1997
ISBN: 3353010777

Andrej Bitov: A Captive of the Caucasus

Captive of the Caucasus
Captive of the Caucasus

1972 schrieb Andrej Bitov Uroki Armeni, die 1989 in Deutschland unter dem Titel Armenische Lektionen, eine Reise in ein kleines Land in der Sammlung Luchterhand erschienen.

Mittlerweile ist 1992 eine aktualisierte Fassung dieses wichtigen Werkes in englischer Sprache erschienen:
A Captive of the Caucasus in Anspielung auf Puschkin’s Ballade Der Gefangene im Kaukasus.
Diese Neu-Auflage ist durch Passagen ergänzt, die wegen der Zensur in der Erstfassung nicht erscheinen konnten und ist somit eigentlich die Erstauflage dieses wichtigen Werkes.

Andrej Bitov: A Captive of the Caucasus
Gebundene Ausgabe – 323 Seiten (Juni 1992)
Farrar Straus Giroux; ISBN: 0374118833


Armenische Lektionen
Armenische Lektionen


Inzwischen ist auch die deutsche Ausgabe erschienen:

Armenische Lektionen. Eine Reise aus Rußland
Gebundene Ausgabe – 233 Seiten – Suhrkamp
Erscheinungsdatum: Februar 2002

Andrej Bitow: Mensch in Landschaft. Eine Pilgerfahrt.

Mensch in Landschaft
Mensch in Landschaft

Ich erinnere mich an einen wunderbaren Sommer, zu Gast auf der Datscha Vladimir Tarasovs in Weißrußland.

Ich lag im Liegestuhl, genoß die Ruhe und die anregende Lektüre dieses Werkes.

Vladimir, der eine seiner endlosen Angel-Sessions vorbereitete, schmunzelte, wollte mir aber nicht verraten, warum…

nun denn:
Stellen Sie sich eine Gruppe eigenartiger Affenforscher im Kaukasus vor, die über die Welt diskutieren:

Ich fragte Dragamaschtschenka, welches das erste Kleidungsstück des Menschen gewesen sei, doch er konnte mir nicht antworten. Giwiwowitsch zeigte großes Interesse, und ich gab ihm den Tip: die Pistolentasche. Der Trommler griff das Thema auf, sicher behauptete er, die erste Musik und überhaupt die erste Kunst sie die Trommel gewesen. So erwies sich auch der Trommler als interessanter Mensch… Wir sprachen über den grossen Tarassow. „Wladimir Petrowitsch?“ fragte Giwiwowitsch argwöhnisch. Ach, ich hatte vergessen, daß man keine Namen nennen darf!

Inzwischen hat sich der Kreis geschlossen:

Bitov liest Puschkin
Bitov liest Puschkin

Im Puschkin-Jahr 1999 traten Vladimir Tarasov und Andrej Bitov mit Freunden in Berlin auf und so lernte ich den Vorsitzenden der russischen PEN-Vereinigung auch persönlich kennen.

Andrej Bitow: Mensch in Landschaft. Eine Pilgerfahrt.
Taschenbuch – 458 Seiten (1997)
Rowohlt Taschenbuch-Verlag, Reinbek
ISBN: 3499221519