† Wislawa Szymborska

Sag ich das Wort Zukunft,
vergeht seine erste Silbe bereits im Zuvor.
Sag ich das Wort Stille,
vernichte ich sie.
Sag ich das Wort Nichts,
schaffe ich etwas, das in keinem Nichtsein Raum hat.

 

Sag ich das Wort Zukunft,

 

vergeht seine erste Silbe bereits im Zuvor.
Sag ich das Wort Stille,
vernichte ich sie.
Sag ich das Wort Nichts,
schaffe ich etwas, das in keinem Nichtsein Raum hat.

Sag ich das Wort Zukunft,

 

vergeht seine erste Silbe bereits im Zuvor.
Sag ich das Wort Stille,
vernichte ich sie.
Sag ich das Wort Nichts,
schaffe ich etwas, das in keinem Nichtsein Raum hat.

Sag ich das Wort Zukunft,

 

vergeht seine erste Silbe bereits im Zuvor.
Sag ich das Wort Stille,
vernichte ich sie.
Sag ich das Wort Nichts,
schaffe ich etwas, das in keinem Nichtsein Raum hat.

Nun ist Wislawa Szymborska nicht mehr. Wieder ist die Welt ärmer.

Das dritte Buch über

nein, nicht über Achim, über Anklam. Die Stadt kommt in Mode, einerseits beim Anklam-Bashing, andererseits in der Literatur.

Mich interessiert das, denn ich bin ja nun in diese Gegend gezogen und werde auch immer wieder mit den Urteilen und Vor-Urteilen über diese Gegend konfrontiert.

Als erstes Buch kam mir Judith Zanders Buch "Dinge die wir heute sagten" unter die Augen. In meinem OVP-Blog Gribowski habe ich das Buch als provinzielles Lese-Abenteuer bezeichnet, mich beeindruckte ihre klare Sprache und ihre Gescheitheit (die sie bei einer Lesung im Greifswalder Koeppenhaus eindrücklich unter Beweis stellte).

Stark beeindruckt hat mich Uwe Timms Freitisch. Denn in dieser Novelle werden zwei Welten, Weltwahrnehmungen miteinander  konfrontiert, in denen ich selbst lebe: ein nach Anklam gezogener, ehemals westdeutscher, Lehrer trifft auf einen Studienkameraden, Investor im armen Osten. Darüber schrieb ich, ebenfalls bei Gribowski:

Uwe Timm verbindet mit dieser Novelle, deren Falke eine Mülldeponie ist, die vielleicht das Idyll des einen bedroht und den Gewinn des anderen steigern wird, mehrere Ebenen meines Lebens. Auch ich habe über die Welt diskutiert in meinem Studium, wenn auch 10 Jahre später als die beiden Protagonisten, auch ich habe mich durch Schmidts Texte gequält, habe Bargfeld aufgesucht (allerdings nach seinem Tode), und ich habe meinen Lebensmittelpunkt hier nach OVP verlegt.

Zu diesem Buch kann ich nur raten.

Judith Scharlansky: Der Hals der GiraffeNun kommt das dritte Buch über Anklam ins Spiel: Judith Scharlanskys Bildungsroman Der Hals der Giraffe. Ein zwiespältiges Buch, sehr gelehrt, sehr hermetisch. Es kreist um die innere Verfassung einer seelisch erstarrten Biologie-Lehrerin, deren Welt, wie das eben so in der Literatur und im Leben ist, zerbröckelt, dern Horizont sich aber nicht erweitert. Ich folgte etlichen Rundfunk-Interviews, bevor ich das Buch kaufte, und ich muss sagen, an den Gesprächen der klugen Autorin hatte ich mehr Freude als an dem Buch selbst. MIr erscheint die Protagonistin doch etwas zu erstarrt.
Und ich frage mich, ob das Buch ebensolch Anklang gefunden hätte, spielte es nicht in Anklam sondern meinetwegen in Butzbach? Der Feuilleton ist ja nunmal, wie wir wissen, sehr ostnegativ gepolt ;=)

Judith Zander:
Dinge, die wir heute sagten: Roman
Taschenbuch: 480 Seiten
ISBN-10: 3423247940
Uwe Timm: Freitisch
Novelle
Gebundene Ausgabe: 135 Seiten
Verlag: Kiepenheuer & Witsch;
ISBN-10: 3462043188
ISBN-13: 978-3462043181
Judith Scharlansky:
Der Hals der Giraffe.
Bildungsroman
Verlag: Suhrkamp Verlag;
Auflage: 6 (12. September 2011)
ISBN-10: 3518421778
ISBN-13: 978-3518421772

Ein langgesuchtes Märchenbuch

Illustration von Adrienne Segur

habe ich endlich gefunden. Ich hatte eine vage Erinnerung an ein großformatiges Märchenbuch, mit wunderschönen ganzseitigen Bildern, das Wort Tiermärchen kam im Titel vor.

Ich meinte, der Titel sei "Russische Tiermärchen" gewesen und über 10 Jahre habe ich nach diesem Buch gesucht. In der Verwandtschaft fand es sich nicht, obwohl fast alle Bücher ja weiterwanderten, der Bruder hatte es nicht und konnte sich auch nicht erinnern.
Da ich glaubte, es von einer Großtante aus der DDR geschenkt bekommen zu haben, fragte ich alle Bekannten aus der ehemaligen DDR danach, ich fragte in Russland meine Freunde, aber niemand kannte es.

Und dann fand ich Knaurs Tiermärchen. Mit Märchen der Gebrüder Grimm, Hans Christian Andersen, japanischen und eben auch russischen Märchen.

Und mit den wunderschönen Illustrationen der französischen Künstlerin Adrienne Ségur.

Das war mein Buch! Nun habe ich es mir für sehr viel Geld antiquarisch gekauft und bin richtig glücklich. Es ist aufregend, die Illustrationen mit der eigenen Erinnerung zu konfrontieren. Welche Bilder erscheinen mir komplett neu, welche erkenne ich wieder, welche waren "immer da", sind aber doch ganz anders…

Ich hätte nur eines nicht tun dürfen:

Nachdem ich den tatsächlichen Titel gefunden hatte und den Namen der Illustratorin kannte, fand ich im Web ganze Bildergalerien mit ihren Ilustrationen. Das nahm mir doch ein wenig die Freude beim ersten Durchschauen des Buches, ich habe mich selbst um einige Überraschungen und um Wiedererkennensfreude gebracht. Das geschieht halt in der Ungeduld.

es wird dunkler …

Eugen Ruge: In Zeiten des abnehmenden Lichtsmöchte man den Titel von Eugen Ruges Debut-Roman „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ weiterspinnen.

Mehrere Generationen einer Familie, vom überzeugten Kommunisten bis zum republikflüchtenden und auch ansonsten weltflüchtenden Enkel. Die erste Generation in diesem Buch (die Großeltern) gehen ob ihrer Überzeugung ins Exil nach Mexiko und zehren ihr ganzes Leben davon, einer ihrer zwei Söhne geht nach Moskau, wird ins sowjetische Lager verschleppt, heiratet eine Russin, kehrt mit ihr nach Ostdeutschland zurück, der 2. Bruder überlebt das Lager nicht, der rückkehrende Sohn baut die DDR mit auf und lebt ganz gut in ihr, sein Sohn (3. Generation) verschließt sich alldem und verläßt die DDR, verläßt später auch die vereinigte BRD und landet krebskrank wieder in Mexiko.

Ein Ring schließt sich, die großen Ideen hingegen sind auf der Strecke geblieben.

Ich möchte jetzt nicht den Standardsatz „Ich habe das Buch gerne gelesen“ ablassen, aber es liest sich gut. Nach meinem Dafürhalten hat es den Deutschen Buchpreis zu Recht gewonnen, der Autor ist ein würdiger Preisträger.

Die Kritik etlicher Leser kann ich nicht teilen, daß man den Geruch des Treppenhauses nicht in die Nase bekommt, zum Beispiel. Auch wenn ich nicht in der DDR aufgewachsen bin, ich kann mich an sehr ähnliche Empfindungen in westdeutschen Mehrfamilienhäuser der 60er Jahre mit den kleinsteinigen Treppenstufen und dem Samstagsputzgeruch sehr gut erinnern. Wird nicht sehr viel anders gewirkt haben.

Nun, so wie die große kommunistische Idee durch den Alltag im Leben der Protagonisten immer stumpfer wurde, die DDR immer mehr verkrustete, so dunkel es in der DDR zum Schluß war – ist es seitdem heller geworden? Ich bin mir nicht sicher.

Eugen Ruge: In Zeiten des abnehmenden Lichts: Roman einer Familie
Gebundene Ausgabe: 432 Seiten
Verlag: Rowohlt; Auflage: 7 (1. September 2011)
ISBN-10: 3498057863 / ISBN-13: 978-3498057862

Ich mag das Buch nicht,

hatte ich über Alias oder Das wahre Leben geschrieben und es ist selten, daß ich negativ über eine Arbeit von Felix Philipp Ingold urteile.

Warum mag ich das Buch nicht? Darüber habe ich lange nachgedacht. Es ist nicht das Buch, es ist das Leben, es ist die Geschichte, die das Leben der Menschen so bestimmt, so herumwirft, das die Menschen so grausam behandelt.

Das mag ich  nicht.

Lesungen: Felix Philipp Ingold im November 2011

Freitag, 4. November 2011:
Lesung im Anderen Buchladen (Weyertal 32, Köln), 20 Uhr

Felix Philipp Ingold: ALEPHBET (Poesie)

Samstag, 5. November 2011:
Tagung  „Schrift und Psychoanalyse“ (Köln, Kunstsalon Brühler Straße 11-13)

dortselbst: 15 Uhr bis 16 Uhr 30:

Felix Philipp Ingold: Das Wort in der Dichtung: Klangleib und Attraktor

Durch Mark und Bein? Nein …

Walter Kempowski: Mark und BeinDieses Jahr ist anscheinend mein Jahr der Ostpreußen-Erinnerungs-Vergegenwärtigungs-Literatur. Meine Aufmerksamkeit fiel so auch auf „Mark und Bein“ von Walter Kempowski.

Vom Autor beiläufig „eine Episode“ genannt, ist mir dieses Werk ein Ärgernis. Kempowski, dessen Spiel mit Sprache, dessen Detailversessenheit ich schätze (schätzte), gibt hier nur hohles, anbiederndes Geschwätz von sich.

Die Figuren sind Pappkameraden, Hohlformen, Karikaturen, die Handlung ist äußerst banal und oberflächlich.

Er plappert Vorurteile gegen die Polen daher, will er diese „vorführen“ oder bestätigen? Die PR-Dame frustriert mit Kettchen und Libidoproblemen, der Protagonist ein Jammerlappen, die Polen hilflos, kindlich, lächerlich oder aufdringlich, Autodiebe oder korrupte Polizisten .. was soll das?

Durch Mark und Bein geht dieses Buch nun wirklich nicht.

Walter Kempowski: Mark und Bein
Eine Episode
Verlag: Albrecht Knaus Verlag
ISBN-10: 3813519791
ISBN-13: 978-3813519792