Ein Nachtrag zum Alexandriaquartett

Lawrence Durrell: Das Alexandria-QuartettGerade habe ich geschrieben, wie wichtig mir Lawrence Durrells Alexandriaquartett ist. Ich habe dieses Buch so oft gelesen, daß die gebundene Ausgabe doch schon sehr sehr zerfleddert ist, der Sand der kretischen Südküste und von der Cyrenaika, wo ich es auch las, rieselt immer noch heraus.

Durrell vollbrachte für mich das Wunder, den Leser über eine banale und in ihrer Konstellation nicht sehr glaubhafte Liebesgeschichte zu einer hochkomplexen Verschwörung zu leiten und ihn in einem weitgespannten Bogen durch die Levante von Alexandria bis auf eine kleine griechische Insel zu führen. Wie Folien legen sich die einzelnen Romane, von denen jeder einer Persönlichkeit des Quartetts gewidmet ist, übereinander und ermöglichen am Ende erst den Überblick, die Erkenntnis des Erzählten, das Panorama des englischen Empire und der erwachenden politischen arabisch-ägyptischen Welt. Gnosis, Kabbala scheinen immer wieder auf, verbinden die Gegenwart mit ihrem Fundament in der Vergangenheit.

Aber dieses großartige Werk wird nicht mehr aufgelegt.  Es finden sich nur antiquarische Angebote. Bei Amazon wird die Tetralogie entweder für 97,00 EUR angeboten, oder die einzelnen Bände als Taschenbücher zu jeweils 0,01 EUR.

Der Rowohlt-Verlag, großgeworden durch die Vermittlung englischsprachiger Literatur und Durrells Herausgeber in Deutschland, kann nicht einmal ein Autorenporträt auftreiben! Gerade mal zwei der Reisebeschreibungen sind dort erhältlich, Tunc und Nunquam werden ohne jede bibliographische Information zwar angezeigt, sind aber auch nicht erhältlich, das Alexandria-Quartett und das Avignon-Quintett scheint es nie gegeben zu haben. Selbst Durrells 100. Geburtstag in diesem Jahr ist dem Verlag kein Zeichen wert.

Da geht es Henry Miller, Durrells engem Freund, bei rowohlt ein wenig besser. Aber auch von ihm nicht einmal ein Bild, Plexus und Sexus nicht mehr erhältlich, einzig Nexus hat aus dieser Trilogie überlebt. 

Es ist eine Schande. Anders kann ich es nicht nennen.

PS: der Schauspieler Max Tidoff empfahl in einer Sendung des Bayerischen Rundfunks das Alexandria-Quartett. Dort wird auch rowohlt als Verleger genannt, gezeigt wird aber die englische Ausgabe. Denn eine deutsche Ausgabe gibt es nicht (mehr).

Durrell 2012Zum Trost aber der Link zum Lawrence Durrell Centenary:

Eine Tagung im Juni und viele viele Informationen!

www.durrell2012.com und Faber und Faber brachte das Alexandria-Quartett zum Jubiläumsjahr neu heraus.

was bedeuten mir Bücher?

warum habe ich so gern Bücher um mich herum?
warum fühle ich mich in ihrer Gegenwart so wohl?
warum empfinde ich das Fehlen von Büchern um mich herum als Mangel?
Warum fällt es mir schwer zu akzeptieren, daß es Bücher in anderen Sprachen gibt, die ich nicht verstehe?

Ein Grund ist sicherlich die Verheißung, die von ihnen ausgeht. Verheißung auf Erweiterung meiner Vorstellungswelt, Lernmöglichkeit, Trost, Intensivität, Bekanntschaft, Vertrautheit

Ein Grund ist auch die Anwesenheit der Autoren in meinem Raum.
Wenn ich alle mir erreichbaren Bände von Henry Miller im Regel habe, oder von Simone de Beauvoir, Lawrence Durrell, Vladimir Nabokov oder von Boris Pasternak oder oder oder, dann sind diese Menschen auch in meinem Raum. In meiner Lebenswelt.
Ich habe ein Verhältnis mit ihnen und sie eines mit mir.
Sie schrieben für mich und in dem was sie schreiben, teilen sei mir ihr Leben mit.
Ich nehme daran teil und lebe mit ihnen.
Ich brauche sie um mich herum.

Und wenn ich in eine Bücherei komme, die viele Bücher aus vielen Jahrhunderten versammelt, Bücher von denen ich weiß, die mir in meinem Studium begegneten, die nun aber plötzlich auch leibhaftig anwesend sind, denn Bücher haben auch einen Leib, dann ist das für mich eine große Freude. Ich bin glücklich.
So erging es mir z.B. im Matanaderan in Erivan, dem Hort der armenischen, der euriopäischen, der Weltkultur.

Und so bin ich ein Verfechter der Bücherregale. Ich mochte mich nie trennen von Büchern. Ich vermisse heute Bücher, die doch irgendwann einmal in meiner Jugend von der Familie „entsorgt“ wurden, in den Altpapier-Stapel wanderten, bei einem Umzug weggeben wurden. Ich befrage Verwandte, wo meine Jugendbücher gelandet sein könnten.

Und selbst werfe ich keine Bücher weg. Ich kann mich nur an 2 Bücher erinnern, die ich wissentlich und ganz entschieden weggeworfen habe: ein Esoterik-Buch einer angeblichen Ärztin aus Novosibirsk über sibirische Schamanen und ein Buch von Cioran, das mir in seiner selbstgefälligen Jammerei den Nerv raubte. Es landete in einem Papierkorb in Puschkin, St. Petersburg.

Ansonsten kaufe ich keine Bücher, die mich enttäuschen können. Wenn doch, dann habe ich mich eben geirrt. Dann lasse ich es aber nicht dabei, sondern werde mir klar darüber, daß ich genauer auswählen muss. Nicht einfach kaufen, weil der Autor vielversprechend ist. Es gibt auch von W.G. Sebald keine Gewähr, der neu erschienene (nach seinem Tode erschienene) Band ist ein gutes Beispiel dafür.