Suite Française

Ich hatte zum Welttag des Buches 2012 ein Buchpaket mit 30 Bänden der Suite Française von Irène Némirovsky erhalten und diese Bände reichlich verteilt. Aber selbst gelesen habe ich das Buch erst jetzt. Nun war die richtige Zeit für mich, diese Autorin, die mir von meiner Buchhändlerin Frau Herbst so sehr ans Herz gelegt worden war, näher kennen zu lernen und das Buch auch zu Ende zu lesen (durch irgendwelche Umstände war ich immer wieder davon abgekommen gewesen).

Über die Autorin muss ich nicht viel schreiben, es gibt in der Wikipedia einen ausführlichen Artikel zu ihr und zu ihrem Werk, der Suite Française. Die Handlung spielt in der Zeit der deutschen Besetzung Frankreichs und des Vichy-Regimes.

Das Buch / die Suite ist unvollendet, es gibt nur die ersten 2 Bände. Der erste Band: Die Flucht der Bürger aus Paris, der zweite Band: Deutsche Besatzung in einer kleinen Landstadt.

Die Autorin beschreibt sehr genau, dringt in die Seelen ihrer Personen ein, in ihre Ängste und ihre Stärken, ihre Verstrickungen und ihre Schicksale. Das liest sich alles gut und ist eindringlich, die Personen bleiben im Gedächtnis.

Aber es gibt einen großen Haken in diesem Werk. Jedenfalls sehe ich das so:

Die Autorin ist Jüdin, ihr Mann ist Jude, sie bringen ihre Kinder vor den Deutschen in Sicherheit und müssen später aufgrund der Verordnungen des Pétain-Regimes Paris verlassen, dürfen nicht in der Hauptstadt leben.  Irène Némirovsky muß von der Gefahr, der Judenverfolgung (der sie später ja auch zum Opfer fiel) gewußt haben. Aber Antisemitismus, Rassenhaß, Verschleppung kommt in ihrem Buch nicht vor. Es gibt keine negative Äußerung über Juden, die deutschen Besatzer sind höflich, zivilisiert und beschlagnahmen nur mal ein paar Pferde. Sie tun eigentlich nichts Böses, sind halt Soldaten.

Ich verstehe das nicht. Ist es Verdrängung? Ist es Blindheit? Wie konnte Irène Némirovsky in ihrem grossen, intensiven Panorama über dieses Thema hinweggehen?