John Potocki lebt.

Noch ein Leben für John PotockiUnd wie!

Im August erschien Ingolds „Noch ein Leben für John Potocki“ endlich bei Matthes & Seitz, Berlin.

Ich hatte das Buch ja schon vor Erscheinen lesen dürfen, aber nun, in gebundener Form, erschien es mir erneut verlockend. Und es fasziniert weiter. Ein Feuerwerk der Begegnungen, der Gedanken- und Zeitsprünge, Orts- und Ebenen-Wechsel…

Wem begegnet er nicht alles in diesem Leben, Bernouilli, Heidegger, welche Gespräche führt er nicht mit diesen Personen, welche Welträtsel klingen an, bis er neuen Abenteuern entgegen rollt durch die Steppen um Astrachan oder wohin es ihn sonst verschlägt. Topoi des jeweiligen Zeitalters werden aufgenommen und genüßlich durchgespielt,  Schachautomaten wie  auch sprechende Tiere, die Gedankenwelt der Aufklärung bricht sich hier Bahn, das schweizerische Jura ist der Nabel der hier erzählten Welt …

Spielerisch wird J. P. gelebt, und das mit einer solchen erzählerischen Frische und Frechheit, fast möchte ich es auktoriale Chuzpe nennen.  Der Erzähler hält sich nicht an die tradierten, weitererzählten Gerüchte, die sich um Jan Nepomucen Potocki ranken, er toppt das eh schon Phantastische dieser Existenz, setzt Allem eine weitere Krone auf und beendet das Spiel mit einem rechten Knall.

Ich genoß die Lektüre am kretischen Strand und vergnügte mich dabei sehr. Manches las ich vor und unterhielt damit nicht nur meinen Mann …

Noch ein Leben für John P.
Noch ein Leben für John P.

Eines ist das Buch allerdings auf keinen Fall: eine Denksportaufgabe, wie es der Rückseiten-Text konstatiert.
Es ist ein intellektuelles Vergnügen und je besser man in der europäischen Geistesgeschichte zuhause ist, um so fröhlicher, erfrischender wird das Buch.

Ein Wermutstropfen allerdings ist die willkürliche Anordnung der Illustrationen, deren Zuordnung zum Text ist (mir) undurchschaubar. Der Lesefluß wird gestört durch die Suche nach den Illustrationen, eine nicht-lineare Numerierung erschwert alles und führt nur zu Verblättern. Auch eine gestalterische Freiheit muß gekonnt sein.

Seis drum- Genoß ich auf Kreta Raki zur Lektüre, so empfehle ich in den nördlicheren Gefilden Potocki Wódka als kongenialen Lese-Begleiter!

Dieser kurze Beitrag kann dem Buch. dem ingoldschen Kaleidoskop, nicht gerecht werden. Zuviel will ich nicht erwähnen und kann ich auch gar nicht. Da bleibt nur eins:

Nehmen Sie sich Zeit und lesen Sie dieses Buch! MRR hätte es Ihnen sicherlich auch ans Herz gelegt.

Felix Philipp Ingold: Noch ein Leben für John Potocki
Gebundene Ausgabe: 535 Seiten
Verlag: Matthes & Seitz Berlin (15. August 2013)
ISBN-10: 3882210753, ISBN-13: 978-3882210750